Quo vadis Interne Kommunikation?
Zusammenfassung:
• Die Digitalisierung fordert die Interne Kommunikation heraus.
• Es gilt, neue technische Möglichkeiten zu verstehen und auf ihren Mehrwert abzuklopfen.
• Wo die Reise mittel- und langfristig hingeht, ist unklar. Verschiedene Chancen und Risiken zeichnen sich allerdings ab.
• Ein Zwischenbericht in fünf Thesen und Fragen, die sich Kommunikationsprofis stellen sollten.
Nichts hält die Wirtschaft so in Atem wie die digitale Transformation. Die Art, wie wir arbeiten, wird sich dramatisch verändern – und damit die Interne Kommunikation.
These 1: Die digitale Transformation zwingt die Interne Kommunikation zu einer Richtungsentscheidung.
Die Digitalisierung stellt immer mehr Geschäftsmodelle in Frage. Aber nicht nur das. In vielen Fällen schüttelt sie auch die Unternehmensorganisation kräftig durch. Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen Abteilungen sind im Fluss. Das eröffnet der Internen Kommunikation die Chance, ihre Rolle und Position im Unternehmen zu stärken. Bei Social Intranet-Projekten etwa, wenn es darum geht, die kollaborative Unternehmenskultur der Zukunft zu entwickeln und übergeordnete Kommunikationsziele zu erreichen. Im Kontext der digitalen Transformation mehr Aufgaben und Verantwortung zu übernehmen, macht zwar ein Stück weit angreifbarer. Aber letztlich geht es um die Frage: Ist die Interne Kommunikation in der digitalen Unternehmenswelt weiterhin als Gestalter mittendrin oder künftig nur noch dabei?
These 2: Das Selbstverständnis der Internen Kommunikation muss sich wandeln – vom „Content-Manager“ zum „Digital Experience Manager“
Das Selbstverständnis der Internen Kommunikation steht vor einer Neudefinition. Strategien, Ziele, Botschaften und Inhalte bilden zwar weiterhin das Fundament erfolgreicher Arbeit. Aber dennoch hat die Digitalisierung – mit Facebook & Co. als Wegbereiter – die Geschäftsgrundlage verändert. Das zeigen der Trend zur digitalen Mediennutzung („Online first“) und die Tatsache, dass das (private) Smartphone („Fernbedienung des Lebens“) auch im Unternehmenskontext eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Für die Interne Kommunikation geht es deshalb darum, die digitale Erlebniswelt der Mitarbeiter zu gestalten. Dazu müssen einerseits Botschaften und Inhalte in neuer Art und Weise aufbereitet und inszeniert werden (Storytelling, Smart Content). Anderseits geht es permanent um die Frage, über welche Kanäle und Formate sich die Mitarbeiter am besten erreichen und einbinden lassen. Ist die Interne Kommunikation bereit, die Transformation zum „Digital Experience Manager“ zu vollziehen? Und wie lassen sich die nötigen Kompetenzen und Strukturen aufbauen?
These 3: Der Druck auf die datenbasierte und kontinuierliche Erfolgsmessung der Internen Kommunikation wächst weiter.
Digitalisierte Geschäftsprozesse erzeugen enorme Datenmengen, die es zu analysieren und für das Erreichen der Geschäftsziele zu nutzen gilt. Vor dieser Aufgabe steht auch die Interne Kommunikation. Will sie als wertsteigernder Partner akzeptiert sein, muss sie konsequenter als bisher, ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg nachweisen – also die Wirksamkeit von Kanälen, Formaten, Kampagnen und Inhalten kontinuierlich erfassen. Der Grundgedanke dabei: Was bewährt sich? Was muss verbessert, was sollte eingestellt werden? Glücklicherweise eröffnet die Digitalisierung jenseits der klassischen Online-Mitarbeiterbefragung ganz neue Möglichkeiten der Erfolgsmessung. Über quantitatives Reporting hinaus lassen sich auch weiche Faktoren, etwa Stimmungslagen, erfassen. Derart mit Daten und fundierten Einschätzungen ausgestattet kann sich die Interne Kommunikation gegenüber der Geschäftsleitung als strategisch denkender Sparringspartner positionieren. Dazu ist es allerdings erforderlich, eine zentrale Prämisse profitabler Unternehmensführung umzusetzen: If you can’t measure it, you can’t manage it. Die Frage ist: Wie kann die Interne Kommunikation diese Prämisse verinnerlichen und im Alltag umsetzen?
These 4: Kontrollverlust ist keine Bedrohung, sondern Voraussetzung für eine wertsteigernde Unternehmenskultur.
So unausweichlich die digitale Transformation ist, sie löst Ängste aus – unter den Beschäftigten, aber auch im Management. Führungskräfte fürchten etwa Kontrollverlust. Frustrierte Mitarbeiter organisieren sich etwa mit Hilfe öffentlicher Sozialer Medien und können durch eine kollektive Krankmeldung einen ganzen Betrieb lahmlegen. Das ist bisher zwar die Ausnahme. Aber Mitarbeiter haben heute nicht nur eine Stimme, sie können ihr auch Gehör verschaffen. Wer eine „Schatten-Kommunikation“ jenseits der Internen Kommunikation vermeiden will, muss deshalb bereit sein, auf Kontrolle zu verzichten. Mehr noch: Er muss den vermeintlichen Kontrollverlust als Voraussetzung für den Aufbau einer wertsteigernden Unternehmenskultur der Vernetzung und des Wissensaustauschs begreifen. Die Frage lautet: Wie gelingt es der Internen Kommunikation, dem Management Ängste zu nehmen und die Chancen einer offenen Kommunikation herauszustellen?
These 5: Kommunikation ist keine Frage der Technik, sondern der Kultur. Das muss die Interne Kommunikation klarmachen.
Trotz aller Digitalisierung: Kommunikation ist keine technische Disziplin. Ob sie gelingt, hängt nicht von neuen Medien bzw. Kanälen ab. Es kommt vielmehr auf die Unternehmenskultur, die Art der Ansprache und auf Führung an. Selbst wenn die digitale Transformation die Arbeitsplätze in einer Firma (noch) nicht bedroht: Sie bedeutet für sehr viele Beschäftigte vor allem eines: Mehr Unsicherheit und Veränderung. Das geht weit über das hinaus, was bisher unter der Überschrift „Nichts ist beständiger als der Wandel“ gelaufen ist. Es steht eine Zeitenwende bevor, die mit der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert vergleichbar ist – mit entsprechend großen Aufgaben für die Interne Kommunikation. Die Frage ist: Gelingt es, die Dimension der kommunikativen Herausforderung jenseits der Technik zu vermitteln?
Über den Autor:
Dr. Udo Kessler ist geschäftsführender Gesellschafter von Signum communication in Mannheim. Die Agentur ist Spezialist für Interne Kommunikation und betreut aktuell rund 15 Projekte.