Vom Datensteinbruch zum handgepflegten Presseverteiler
Wie erreiche ich den jeweils richtigen Redakteur für das richtige Thema direkt und persönlich? Alle Anbieter von PR-Software versprechen, auf diese Frage die richtige Antwort zu haben. Doch die Lösungen haben ganz unterschiedliche Ansätze. Da gibt es
- Adressdatenbanken mit mehreren 10.000 Journalisten-Kontaktdaten
- CRM-Lösungen, die für Pressearbeit angepasst wurden
- auf die PR-Prozesse ausgerichtete Speziallösungen
Aber auf welches Konzept soll man setzen?
Auf dem Markt für PR-Lösungen ist in den vergangen Jahren ein Konsolidierungsprozess zu beobachten. Dabei gibt es ein Muster: Die großen Datenbankanbieter für Redaktionsadressen kaufen sich unterschiedlichste Lösungen zusammen, ob sie passen oder nicht. Das gilt für das Konglomerat Cision/Vocus/Gorkana ähnlich wie für dpa/newsaktuell/Zimpel oder die Verbindung von convento mit Stamm. Der vermeintliche Vorteil für den Pressearbeiter: Er kann sich jederzeit aus riesigen Datenbanken mit zehntausenden von Redaktionsadressen bedienen, die im Hintergrund von fleißigen Helferlein stets auf den aktuellen Stand gebracht werden. Damit muss er sich nie mehr um den Aufbau eines qualifizierten Presseverteilers kümmern, denn das machen andere für ihn.
Wer je mit einem solchen „Datensteinbruch“ gearbeitet hat, weiß, dass diese Idealvorstellung in der Wirklichkeit nicht anzutreffen ist. Ganz abgesehen von den zahlreichen dort verzeichneten Redaktionen, in denen es lediglich einen Chefredakteur gibt, der über eine sehr persönliche info@-Mail-Adresse verfügt. Auch sonst gibt es in vielen Suchsystematiken große Lücken. So habe ich beispielsweise mehrfach versucht, bei einem großen deutschen Adressanbieter einen beispielhaften Energiefachzeitschriften-Verteiler zu selektieren. Trotz aller Versuche fehlte dabei regelmäßig die ZfK, das Hauptorgan der deutschen Stadtwerke. Auch sonst war es mitunter schwierig, die eigene Suchsystematik mit den vorgegebenen Suchbegriffen in Übereinkunft zu bringen.
Ein weiteres Problem: Es besteht völlige Intransparenz darüber, was mit all den Daten im Hintergrund geschieht. Ein Verteiler, der gestern noch gestimmt hat, hat heute Lücken, weil ein Helferlein wieder die info@-Adresse eingepflegt und die Redaktionsadresse überschrieben hat. Oder es sind plötzlich Medien im Verteiler, die da nicht hingehören, nur weil ein Helferlein nicht so wirklich weiß, welche Hefte welche Themen beinhalten.
Natürlich will ich hier nicht unterstellen, dass die Kolleginnen und Kollegen im Datensteinbruch schlechte Arbeit machen. Denn wenn es um neue Verteiler geht, holen wir uns ja auch selbst die Daten aus einem Steinbruch. Doch dann geht es an die eigentliche Arbeit: Welcher Redakteur ist tatsächlich der richtige Ansprechpartner für das spezifische Thema? Ist das Heft relevant für die Zielgruppe? Stimmen die Kontaktdaten oder steht da schon wieder info@? Erst die derart überprüften Daten sind es wert, in eine Produktivdatenbank übernommen zu werden. Und dort werden sie dann auch von uns weitergepflegt. Denn mit unseren Schlüsselredakteuren sind wir ohnehin im persönlichen Kontakt und bekommen Änderungen so auf direktem Wege. Und auch die E-Mail-Rückläufer landen direkt in meinem Postfach. Da muss ich nicht auf die monatliche oder zweimonatliche Aktualisierung des Datensteinbruchs warten.
Ich präferiere deswegen eine strikte Trennung zwischen dem Datensteinbruch und der Produktivdatenbank. Nicht zuletzt deswegen haben wir uns auch schon vor Jahren für die Einführung der PR-Software PressFile entschieden. Denn so sind wir nicht nur absolut frei in der Entscheidung, woher wir unsere Daten beziehen (die auch in Österreich und der Schweiz aus ganz anderen Quellen kommen, als in Deutschland). Wir haben diese handgepflegten Verteiler auch immer direkt im Blick, können sie verändern und an neue Anforderungen anpassen – völlig unabhängig von vorgebenen Schemata, die ohnehin nie zu uns passen.
Entscheidend ist auch die Usability einer solchen PR-Lösung. Denn ein Overhead an Funktionalität ist ebenso wie ein Datensteinbruch zu betrachten: Die Qualität der Beziehungen, die man über eine PR-Software pflegt, wird dadurch nicht besser. Entscheidend ist, dass sich eine PR-Software an den täglichen Prozessen in der Pressearbeiten oder PR-Agentur orientiert und möglichst einfach zu bedienen ist. Wenn sie dann wie PressFile auch noch cloud-basiert arbeitet, umso besser. Denn so können wir ortsunabhängig mit allen Mitarbeiter an den Standorten Ulm, München, Berlin, Wie und Zürich auf derselben Datenbasis arbeiten – und wenn nötig auch im Zug oder im Home-Office.
Mag sein, dass wir damit gegen den Mainstream der PR-Software-Konzepte schwimmen. Doch das hat uns keine Kraft gekostet, im Gegenteil: Die Prozesse im Verteiler- und Kontaktmanagement sind bei uns heute so einfach und transparent, wie in wenigen anderen PR-Agenturen.
Über den Autor:
Uwe Pagel ist Gründer und Geschäftsführer der Press’n’Relations GmbH. Nach einer klassischen Redakteursausbildung beim Süddeutschen Rundfunk war er von 1993 bis 2000 Leiter der Unternehmenskommunikation beim ERP-Hersteller Wilken in Ulm. Heute betreut Press’n’Relations mit rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die B2B-PR von Kunden aus Branchen wie IT, Energie, Nutzfahrzeuge & Logistik oder Hotellerie & Gastronomie. Darunter sind Unternehmen wie die WMF group, Nilfisk, WatchGuard, der EDNA Bundesverband Energiemarkt & Kommunikation, Bossard oder Thermo King. Mit der PressFile Europe GmbH gründete er 2009 gemeinsam mit einem amerikanischen Partner ein Joint-Venture für die Entwicklung und Vermarktung der PR-Software „PressFile“, eine Lösung, die ursprünglich für die New York Public Library entwickelt worden war. Heute setzen Unternehmen wie Trianel, die Rossmann Drogeriemärkte oder die Zumtobel Group auf diese Lösung, aber auch zahlreiche kleine und mittlere PR-Agenturen.